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Medien-Preis 2025

Medien-Preis 2025 Hintergrund
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Die Preisverleihung 2025

Rede Stefan Quandt
Rede Stefan Quandt

Wie werden wir resilienter?

Meine sehr geehrten Damen und Herren,

die Welt ist augenscheinlich aus den Fugen. Vielleicht geht es Ihnen ähnlich wie mir: Der morgendliche Blick auf das Smartphone folgt nicht mehr der Haltung “Was gibt’s Neues?”, sondern eher einer Haltung des „Was ist nun schon wieder passiert?“. Die FAZ konstatierte dazu jüngst in einem Leitartikel:

"Die Welt droht in Blöcke zu zerfallen, die gegen- statt miteinander arbeiten."

"Auge um Auge, Zoll um Zoll“ – auf diese archaische Formel könnte man die Lage der Weltwirtschaft derzeit bringen. Bei vielen Akteuren in Wirtschaft und Politik sehen wir daher Überlegungen, wie sich Abhängigkeiten und Verwundbarkeiten verringern lassen. Einige Stichworte dazu sind Ihnen bestens bekannt: Reshoring, Decoupling und Local for local.

Vielleicht sollten wir in Deutschland und auch in Europa jedoch nicht allzu seismographisch auf alle Eruptionen, Drohungen und Ankündigungen aus den USA reagieren. Zumal eine geordnete Reaktion ohnehin nur schwer möglich ist, wenn die einzige Kontinuität die Diskontinuität zu sein scheint. 

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Die Preisträger 2025
Preisträgerinnen und Preisträger 2025
Maren Adler, Tatjana Mischke, Miguel Helm, Julia Saldenholz, Laura Borchardt

Der Herbert Quandt Medien-Preis 2025 geht an:

  • Miguel Helm für seine Reportage „Eilt sehr – aber nichts passiert“, erschienen am 29. August 2024 in der Wochenzeitung Die Zeit
  • Tatjana Mischke für ihre Dokumentation „Viele Normen – Teure Wohnungen?“, ausgestrahlt am 16.04.2024 im SWR-Fernsehen (SWR-Story)
  • Maren Adler für ihre Reportage-Serie „Erfolgreich durch die Wirtschaftskrise“, ausgestrahlt vom HR-Fernsehen (Hessenschau) ab Dezember 2024
  • Laura Borchardt und Julia Saldenholz für ihre Dokumentation „Herr D. sucht die Fachkraft“, ausgestrahlt am 26. Februar 2024 im NDR-Fernsehen (NDR-Story)

Rund 230 Einreichungen hat die Johanna-Quandt-Stiftung erhalten. Der Preis ist mit insgesamt 50.000 Euro dotiert.

Wir gratulieren allen Preisträgerinnen und Preisträgern ganz herzlich!

Miguel Helm
„Eilt sehr – aber nichts passiert“ (Die Zeit)
Miguel Helm

12.500 Euro Preisgeld für Miguel Helm

  • Laudatorin Michaela Kolster, Preisträger Miguel Helm, Kuratoriumsvorsitzender Stefan Quandt

Miguel Helm ist eine herausragende Reportage über Bürokratie in Deutschland gelungen: „Eilt sehr – aber nichts passiert“, erschienen am 29. August 2024 in der Wochenzeitung Die Zeit, schildert anhand zweier Beispiele, wie Behörden durch überbordenden Regulierungseifer Initiative und Unternehmertum Fesseln anlegen:

Eine familiengeführte Metzgerei in der hessischen Wetterau schließt einen ihrer zwei Standorte, nachdem das Veterinäramt plötzlich verlangt, den Innenhof zwischen Kühl- und Verkaufsraum zu überdachen.

Die Reaktivierung einer stillgelegten Bahnverbindung im Schwarzwald, ein wichtiges Infrastrukturprojekt für die Region, droht an Fledermäusen zu scheitern, die sich in zwei stillgelegten Tunneln angesiedelt haben.

Miguel Helm überzeugt mit einer stilistisch präzisen und lebendigen Bildsprache. Er verfällt nicht in wohlfeiles „Bürokratie-Bashing“, sondern wägt Sinn und Unsinn von Regulierung sachlich gegeneinander ab.

Das Fazit der Jury: Ein gelungenes Stück, das keine einfachen Antworten auftischt, sondern viele Anregungen zum Nachdenken gibt.

Film über Miguel Helm

Tatjana Mischke
„Viele Normen – Teure Wohnungen?“ (SWR)
Tatjana Mischke

12.500 Euro Preisgeld für Tatjana Mischke

  • Laudatorin Tanit Koch, Preisträgerin Tatjana Mischke, Kuratoriumsvorsitzender Stefan Quandt

Tatjana Mischke hinterfragt in ihrer Dokumentation „Viele Normen – Teure Wohnungen?“, ausgestrahlt am 16.04.2024 im SWR-Fernsehen (SWR-Story), Vorgaben im Wohnungsbau.

Plastisch arbeitet die Journalistin heraus, wie das Bauen in Deutschland mit zunehmender und teilweise erheblicher Regelungsdichte über die Jahre immer komplizierter und teurer geworden ist.

Mischke recherchiert, wie Normen entstehen und warum mangelnde Transparenz in den verantwortlichen Gremien des Deutschen Instituts für Normung dazu beitragen könnte, dass zu selten „Normen für das Normale“ gesetzt werden.

Hoffnung macht Mischke mit dem Porträt eines innovativen Bauunternehmers, der DIN-Vorgaben mutig hinterfragt und in seinen Projekten Maß und Mitte sucht.

Die Jury hebt hervor: Die Dokumentation bleibt nicht beim beklagenswerten Ist-Zustand stehen, sondern zeigt, wie mit unternehmerischem Einsatz und Risikobereitschaft Wohnungsnot gelindert und Verbesserungen für die Gesellschaft erreicht werden können.

Film über Tatjana Mischke

Laudatio von Tanit Koch

  • Laudatorin Tanit Koch

"Worauf es bei der Recherche ankommt: dazuzulernen"

Es gibt viele Dokus über das Bauwesen – über die Pyramiden, die Chinesische Mauer, den BER. Tatjana Mischkes Film ist anders: Er zeigt, dass der wahre Endgegner beim Bauen heute oft nicht die Statik ist, nicht einmal der Feldhamster, sondern die neueste DIN-Norm …

Keine Frage: Normen sind toll. Sie sorgen dafür, dass es in Deutschland dichte Fenster gibt. Dass wir nicht jeden Ehestreit der Nachbarn durch die Wand hören, und dass Steckdosen mindestens 60 cm von einer Wasserquelle entfernt sind (falls der Ehestreit mal eskalieren sollte). Das ist nicht überall so. In England, zum Beispiel, sind dichte Fenster gänzlich unbekannt, und man kann seine Haare nicht vorm Spiegel im Bad föhnen. Da gibt es nämlich keine Steckdosen. Insofern: Ein Hoch auf Normen, die Sicherheit und Komfort bei uns ermöglichen.

Allerdings machte mich vor kurzem ein FAZ-Artikel stutzig, der sich mit dem Deutschen Institut für Normung beschäftigt (daher übrigens der Name DIN). Der langjährige Instituts-Chef Christoph Winterhalter sagt darin: „Wir verstehen Normung als Instrument der Deregulierung.” Es sei das Gegenteil von Bürokratie.

Ein Beleg dafür: Das DIN habe gerade erst den Entwurf einer neuen Norm zur Verkehrssicherheit von Wohngebäuden zurückgezogen. Dafür gab es aus der Wohnungswirtschaft Applaus. Mich beschleicht die Ahnung, dass dieser Applaus in Wahrheit Tatjana Mischke gebührt – und der Spätwirkung ihrer Doku.

Ursprünglich wollte sie einen Film über Öko-Bau machen. Ein wichtiges Thema. Zum Glück ist sie ergebnisoffen an die Recherche gegangen (was im Journalismus für sich genommen schon ein Wert ist) und landete ganz woanders. Sie ließ sich von den vielen offenen Fragen leiten, um zu begreifen, wie Baukosten mit Normen zusammenhängen.

Dabei lernen wir: Dünnere Wände sind nicht unbedingt dünne Wände. Franzosen und Niederländer haben nur halb so dicke Stahl-Betonteile als Decke wie das, was Sie eben im Preisträger-Film gesehen haben – und dennoch sind Häuser in Lyon und Maastricht stabil. Doppelt so viel Material kostet doppelt so viel Geld. Dennoch scheint für viele DIN-Normen entweder zu gelten: Mehr ist mehr, oder: Viel hilft viel. Wie solche Empfehlungen zustande kommen, das ist die Kernfrage der Doku. Und die lässt einen DIN-Vorstand im Interview ziemlich blass aussehen.

Meine Lieblingsstelle ist aber die mit den Steckdosen. Laut der neuesten Fassung der DIN Norm 18015 (XXXX) wären 18 Anschlüsse allein in der Küche ein guter Standard. Dann hören wir Tatjana Mischke im Gespräch mit einem Bauunternehmer sagen: „Jetzt ist ja das Einsparpotential bei Steckdosen, auch wenn es extrem viele Steckdosen sind, marginal.“ Da meldet der Unternehmer, Jan Eitel, sofort Widerspruch an. Und es folgt ein Steckdosen-Monolog: Nicht über die 14,95 Euro Stückpreis, sondern über die Prozesse hinter der Steckdose. Trockenbauwand, einseitig beplankt, nicht gedämmt, langes warten bis Elektriker, Kabel, und Aussparungen da sind. „Es geht also“, betont der Protagonist, „tatsächlich darum, jede einzelne Steckdose zu hinterfragen.” Ohne dass der Mieter später lange suchen muss, wo er den Staubsauger einstöpselt.

Ich kenne Kollegen, die – wenn es ihr Film gewesen wäre – die Anfangssequenz dieser Szene herausgeschnitten hätten. Da, wo der Unternehmer widerspricht. Doch Tatjana Mischke stört nicht, dass sie eines Besseren belehrt wird. Das macht sie nicht nur zu einer uneitlen Journalistin, sondern es zeigt, worauf es bei der Recherche ankommt: dazu zu lernen. Zum Beispiel, wer ein Interesse daran haben könnte, dass 18 Steckdosen in der Küche und 11 im Kinderzimmer sein sollen. Die Geheimhaltung, die um diese Antwort gemacht wird, gleicht einem Zeugenschutzprogramm.

Doch die Autorin fragt und recherchiert so lange, bis sie es verstanden hat. Damit wir es verstehen. Das alles gelingt ihr in nur 44 sehr anregenden Minuten – auch das eine Leistung für sich. Was man danach begriffen hat: Bauen in Deutschland ist auch deshalb so teuer, weil die Normierung an vielen Stellen das Maß verloren hat. Wenn „Normen für das Normale“ fehlen – macht das auch das Bauen für Normale immer schwieriger. Allerdings nicht unmöglich. Und auch das zeigt Tatjana Mischke.

Im Frühjahr 2024 sagte Bundeskanzler Scholz bei der Internationalen Handwerksmesse in München den bezeichnenden Satz: „Ich weiß als ehemaliger Hamburger Bürgermeister natürlich: Das Lied des Kaufmanns ist die Klage.“

Sie hier wissen, und auch Tatjana Mischke zeigt: Das Gegenteil ist der Fall. Ihr Film dokumentiert, und das ist aus Jury-Sicht der besondere Verdienst, wie mit unternehmerischem Einsatz und Risikobereitschaft Wohnungsnot gelindert werden kann und die Gesellschaft davon profitiert.

Ihr Film ist ein positiver Film: Über Menschen, die den Bau-Turbo gezündet haben – ohne dabei auf Bauministerin Verena Hubertz zu warten (die hoffentlich auch noch die Doku schaut, auf Youtube ist sie leicht zu finden). Hoffentlich nehmen sich viele ein Beispiel daran. Denn – das hat Ulrich Steinmeyer in dem Kurzfilm sehr richtig gesagt: „Ändern tut sich nur etwas, wenn es solche Filme gibt …“

Dafür zeichnen wir Tatjana Mischke mit dem Herbert Quandt Medien-Preis 2025 aus.

Herzlichen Glückwunsch!

Maren Adler
„Erfolgreich trotz Wirtschaftskrise“ (HR)
Maren Adler

12.500 Euro Preisgeld für Maren Adler

  • Laudatorin Kirsten Ludowig, Preisträgerin Maren Adler, Kuratoriumsvorsitzender Stefan Quandt

In der Reportage-Serien „Erfolgreich trotz Wirtschaftskrise“, ausgestrahlt vom HR-Fernsehen (Hessenschau) ab Dezember 2024, präsentiert Maren Adler sieben Erfolgsgeschichten hessischer Firmen. In herausfordernden Zeiten behaupten sie sich durch Erfindergeist und Unternehmertum.

Die erfahrene Fernsehjournalistin nimmt die Zuschauerinnen und Zuschauer mit auf eine spannende Bildungsreise durch die hessische Industrie. Ihre geschickte Kameraführung verknüpft authentische Interviews mit beeindruckenden Bildern aus der Produktion von gusseisernen Glocken, Hustensaft oder biologischem Kunststoffgranulat.

Die Juroren sind sich einig: Adlers Fernseh-Reihe führt fesselnd und abwechslungsreich vor Augen, wie Unternehmerinnen und Unternehmer Verantwortung übernehmen und in Krisen über sich hinauswachsen können.

Film über Maren Adler

Laudatio von Kirsten Ludowig

  • Laudatorin Kirsten Ludowig

"Geschichten von Mut, Ideen und Verantwortung"

Produktivität? Rückläufig. Investitionen? Auf Eis. Wachstum? Kaum spürbar. Kosten? Dafür umso höher.

Blickt man zurück auf die letzten Jahre, könnte man den Eindruck bekommen, die deutsche Wirtschaft – allen voran die Industrie – verliere an Kraft: schließt Werke, streicht Stellen, zieht sich schleichend zurück.

Doch es gibt sie – die anderen Geschichten. Geschichten von Unternehmerinnen und Unternehmern,

.. die nicht viel fordern, sondern die Dinge selbst in die Hand nehmen.
.. die nicht hadern, sondern über sich hinauswachsen. 
.. die nicht im Status quo verharren, sondern nach vorne schauen.

Es sind Geschichten von Mut, Ideen und Verantwortung.

Geschichten, die zeigen: Die deutsche Wirtschaft hat nicht nur Probleme. Sie hat nach wie vor Potenzial – und das steckt nicht nur in Tradition und Technologie, es steckt vor allem in den Menschen. 

Sieben solcher Geschichten erzählt Maren Adler mit packenden Bildern und stimmiger musikalischer Untermalung – und sie geht dabei nah ran: in der Produktion genauso wie in den Gesprächen mit den Protagonisten. 

Sie lässt es menscheln in der Wirtschaft: Sie lässt Jens Meyer zu Drewer, den Geschäftsführer von Biowert, durch die Grasernte harken, Julia Esterer das Innere eines Tankfahrzeugs erklären und Stephan Koziol das unkaputtbare Glas demonstrieren.

Und ich glaube, hier wird zur Stärke, dass Maren Adler aus der Kultur kommt – und Wirtschaft eben nicht ihr, wie sie es nennt, „Steckenpferd“ ist.

Vor Zahlen scheut sie dennoch nicht zurück: Ich habe zum Beispiel gelernt, dass es in Deutschland mehr als vier Millionen Hektar sogenanntes Dauergrünland gibt – und damit sehr viel Gras für Biowert und ihre nachhaltige Kunststoff-Produktion.

Auch der Blick in die Firmengeschichten könnte aktueller nicht sein: So erzählt Hanns Martin Rincker, Unternehmer in 13. Generation, dass die Gießer, um den Zöllen zu entgehen, schon vor hunderten Jahren über Monate in der Gemeinde lebten, für die sie Glocken fertigten. Und dass jeder Glocken- auch Kanonengießer war.

Man erfährt, wie unterschiedlich die Firmen in der Corona-Pandemie gelitten haben – und die Unternehmerinnen und Unternehmer mit ihnen.

Und in jedem Teil klingen auch die Herausforderungen für die Wirtschaft an, die es zweifelsohne gibt: von Fachkräftemangel über hohe Kosten – ob für Energie oder Personal – bis hin zu Werksspionage.

Wirtschaftsjournalismus, meine Damen und Herren, muss enthüllen, erklären und einordnen – und dabei immer die Realität abbilden. Er darf nicht beschönigen, aber durchaus Wege aus der Krise aufzeigen und so Zuversicht verbreiten.

Und siehe da: Nach mehr als zwei Jahren mit schwachem Wachstum hat die deutsche Wirtschaft zuletzt wieder positive Signale gesendet. 

Das ist zwar mehr ein Zeichen für verhaltene Erholung als für fulminante Euphorie, aber ich denke, wir alle täten gut daran, es mit den Worten von Julia Esterer im Film zu halten: „Wir packen es an. Wir kommen da durch. Ich hab‘s im Griff.“

In diesem Sinne: Herzlichen Glückwunsch an Maren Adler für ihre Reportageserie „Erfolgreich durch die Wirtschaftskrise“!

 

Laura Borchardt und Julia Saldenholz
„Herr D. sucht die Fachkraft“ (NDR)
Julia Saldenholz, Laura Borchardt

12.500 Euro Preisgeld für Laura Borchardt und Julia Saldenholz

  • Laudator Horst von Buttlar, Preisträgerinnen Julia Saldenhold und Laura Borchardt, Kuratoriumsvorsitzender Stefan Quandt

Der Fachkräftemangel trifft die Gastronomie- und Hotelbranche hart. In ihrer Dokumentation „Herr D. sucht die Fachkraft“, ausgestrahlt am 26. Februar 2024 im NDR-Fernsehen (NDR-Story), begleiten Laura Borchardt und Julia Saldenholz den Geschäftsführer eines Ferienparks an der Ostsee bei seinen Bemühungen, dringend benötigtes Personal im Ausland anzuwerben.

Die Filmemacherinnen zeichnen das Porträt eines Unternehmers, der sich selbst ins Flugzeug nach Madagaskar setzt und trotz immenser bürokratischer Hürden nie aufgibt. Zugleich beleuchtet die Dokumentation nahbar und empathisch die Perspektive der hoffnungsvollen Jugendlichen des Inselstaats, die bereit sind, für eine Ausbildungsstelle in Deutschland viel zu investieren und ihre Heimat zu verlassen.

Die Jury würdigt die beeindruckende Recherchetiefe und die überzeugende narrative Balance zwischen dem Zukunftsoptimismus der jungen Menschen und der harten Realität zäher Verwaltungsprozesse in Deutschland.

Film über die Preisträgerinnen

Laudatio von Horst von Buttlar

  • Laudator Horst von Buttlar

“Man fiebert mit, schüttelt den Kopf, ist fast auch erschöpft …”

Die Kunst von Trends und Megathemen ist es, diese auf Menschen und Beispiele herunterzubrechen. Solche Texte, Filme und Beiträge kennen wir zuhauf – etwas passiert und in einem Beitrag mit Zahlen und Zitaten gibt es ein Beispiel. Ein Unternehmer berichtet von seinen Lieferketten, die durcheinander sind. Von Energie, die zu teuer ist. Oder von Projekten, mit denen er oder sie KI eingeführt hat. Pars pro toto. “Show, don’t tell”, nennt man das in amerikanischen Writing Classes. 

„Such' ein paar Beispiele und Betroffene“, so lautet auch der bekannteste Tagesauftrag nach einer Redaktionskonferenz. Umgekehrt gibt es eine ungeschriebene Regel:  Wenn man selbst drei Beispiele zusammen hat, kann man gerne auch mal einen Trend ausrufen. Das sind dann die Immer-mehr-Geschichten: „Immer mehr Menschen träumen nachts von ihren Haustieren…“. Oder, um ein Beispiel für diese Rahmen zu finden: „Immer mehr Unternehmen nutzen KI für ihre Personalsuche.“

Personalsuche, damit sind wir beim Thema. Aber es geht nicht um KI, sondern um urmenschliche Intelligenz (und Empathie), Fachkräfte zu finden. Und zwar nicht mit ein paar schnellen, oberflächlichen Beispielen, sondern einem „Deep Dive“. Das macht diesen Film besonders, er ist exemplarisch, aber sehr ehrgeizig in der Recherche – nah dran, authentisch und leidenschaftlich im Storytelling.

Laura Borchardt und Julia Saldenholz begleiten in ihrem Film David Depenau, den Geschäftsführer im Ferienpark Weissenhäuser Strand, auf einer großen Suche, die um den halben Globus führt, bis nach Madagaskar. Schon bald reist und fiebert man mit dem Unternehmer mit, der das macht, was Unternehmtum ausmacht: Er nimmt die Dinge selbst in die Hand. Er tut etwas. „Es gibt keinen Ersatz für Umsatz“, sagt er gleich zu Beginn. Man könnte hinzufügen: Einsatz macht Umsatz.

Der Fachkräftemangel in der Gastronomie- und Hotelbranche ist omnipräsent. Und es gibt viele Beiträge mit Zitaten von Gastwirten, die klagen. Der Film schafft es in einer beeindruckenden Intensität dieses Problem umfassend und lebendig zu beleuchten. Er kommt dem Unternehmer nahe, lässt ihn sprechen, machen, entscheiden, ohne dass es gestellt aussieht, ein Mann, der sich nicht unterkriegen lässt. Oder seinen tapferen, fantastischen Mitarbeiterinnen in der Personalabteilung. Man fiebert mit, schüttelt den Kopf, ist fast auch erschöpft, wenn man erlebt, welche Hürden der deutsche Staat, die zu oft bemühte Bürokratie, solchen Initiativen bereitet.

Der Film schafft in einem zweiten Erzählstrang noch etwas anderes: Er verändert den Blick auf Migration, die seit Monaten sehr einseitig geführt wird. Aber ohne moralischen Zeigefinger, ohne künstliche Belehrung – er erzählt die Geschichten von Menschen aus Madagaskar, die alles dafür tun, um nach Deutschland zu kommen, um hier zu arbeiten – in Jobs, auf die viele hier keine Lust mehr haben. Sie lernen Deutsch, verlassen ihre Familien, gehen durch eine harte Ausbildung und sehen Deutschland als große Chance. Ohne sie könnte der Betrieb dieses Ferienparks nicht aufrechterhalten werden. Dieser Perspektivwechsel auf das Dauerthema Migration gelingt vorbildlich.

Wenn man Herrn Depenau googelt, darf man sich freuen – er hat inzwischen Karriere gemacht, also medial: Sechs Monate nach Erscheinen des Film feierte ihn die Zeit als „Der Chef, zu dem alle wollen“. Zitat: „Sie kommen aus Madagaskar, aus Indien, der Türkei. Und haben ein Ziel: den Weissenhäuser Strand an der Ostsee. Warum Fachkräfte hier arbeiten möchten.“

Der Film von Laura Borchardt und Julia Saldenholz ist aufwändig recherchiert und nah dran, intensiv, aber nie aufdringlich, er ist packend erzählt, ohne aufzubauschen.

Diese journalistische Leistung zeichnen wir mit Freude mit dem Herbert Quandt Medienpreis und 12.500 Euro Preisgeld aus.

Herzlichen Glückwunsch Laura Borchardt und Julia Saldenholz!

 

 

 

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