Medien-Preis 2018
Qualitätsjournalismus - ein Signal gegen das "New Normal"
Meine Damen und Herren,
ich möchte meinen Worten vorausschicken, dass ich heute etwas Neues wagen werde. Denn ich möchte heute über „die Medien“ sprechen - und damit über einen Berufsstand, dem ein Großteil der Anwesenden angehört. Warum tue ich das? Es sind zwei Gründe:
Zum einen erlebe ich, wie sich in einer sich rasant verändernden digitalen Welt die Kommunikations-Möglichkeiten und -Gewohnheiten der Menschen verändern. Und wie sich dadurch die Wertmaßstäbe sowohl der „Sender“ als auch der „Empfänger“ der Kommunikation verschieben. Durch diese Entwicklungen werden die Medien und Sie als Journalisten vor immense Herausforderungen gestellt. Die Frage, bildlich gesprochen: „Wie verschaffe ich mir bei all diesem Lärm eigentlich noch Gehör?“, steht im Raum und muss beantwortet werden.
Der zweite Grund ist, dass ich im vergangenen Jahr sehr bewusst verfolgt habe, wie in zunehmendem Maße – und damit möchte ich mich bewusst von einer pauschalen Medienschelte distanzieren –, dieser Herausforderung mit den falschen Mitteln begegnet wird. Nämlich damit, auf dieses scheinbare „New Normal“ der polarisierenden Kommunikation einzuschwenken – und dadurch die sich in der Gesellschaft zeigenden Tendenzen zu verstärken. mehr ...
Auszeichnungen für Impulse, SZ-Magazin, ZDF und ARTE/RBB
Der Herbert Quandt Medien-Preis 2018 geht an:
- Katja Michel für ihren Beitrag "Die Reifeprüfung", erschienen im Wirtschaftsmagazin Impulse
- Dr. Till Krause und Lorenz Wagner für ihre Reportage "Im Einflussgebiet", erschienen im Süddeutsche Zeitung Magazin
- Norman Laryea und Franziska Wielandt für ihren Beitrag "Der wahre Preis für den perfekten Apfel", ausgestrahlt in der Sendung ZDFzoom
- Andreas Pichler für seine Dokumentation "Das System Milch", ausgestrahlt auf ARTE.
262 Einreichungen hat das Kuratorium der Johanna-Quandt-Stiftung 2018 erhalten. Der Preis ist mit insgesamt 50.000 Euro Preisgeld dotiert.
Wir gratulieren herzlichen allen Preisträgern!
- Jan-Eric Peters, Katja Michel, Stefan Quandt
Katja Michel erhält den Herbert Quandt Medien-Preis für ihren Beitrag „Die Reifeprüfung“, erschienen im Magazin Impulse am 23.02.2017, dotiert mit einem Preisgeld in Höhe von 15.000 Euro. Die Autorin beschreibt mit Einfühlungsvermögen und großer Beobachtungsgabe den Transformationsprozess des Unternehmen Jimdo: Sie schildert die Euphorie des Aufbruchs als Start-Up und berichtet über die schmerzhafte, aber notwendige Etablierung solider Managementstrukturen. Dabei gelingt es Katja Michel, die Veränderung und ihre Dynamik genau zu erfassen und spannend zu erzählen, ohne dabei eine wertende Position einzunehmen. Das Kuratorium würdigt neben der journalistischen Leistung auch die Fähigkeit der Autorin, sich im zu dieser Zeit schwierigen Umfeld des Start-Ups zu bewegen und sensibel auf die Protagonisten einzugehen.
- Laudator Jan-Eric Peters
"Den Protagonisten nahekommen, ohne die Distanz zu verlieren"
„Ich hoffe, dass Menschen einen Zugang zu Wirtschaft finden, indem man das Emotionale erzählt, über Menschen erzählt und keine abstrakten Geschichten, die ganz weit weg sind.“
Das sagt Katja Michel und erzählt eine emotionale Geschichte über Menschen, die mitten in der größten Krise ihres Berufslebens stehen.
Mit großer Beobachtungsgabe und Einfühlungsvermögen recherchiert und dokumentiert die Autorin den schmerzhaften Transformationsprozess des Unternehmens Jimdo, mit dessen Baukastensystem mehr als 20 Millionen Menschen ihre Website erstellt haben. Sie schildert die Euphorie des Aufbruchs als Start-up und wie das Wachstum lange Zeit überdeckt, dass effektive Managementstrukturen fehlen. Bis mehr als ein Viertel aller 258 Mitarbeiter entlassen und Hierarchien eingezogen werden müssen.
Dabei gelingt es ihr, so urteilt die Jury, die Veränderungen und ihre Dynamik genau zu erfassen und über eine lange Strecke spannend zu erzählen, ohne dabei eine wertende Position einzunehmen. Das Kuratorium würdigt neben dieser Leistung und der rundherum gelungenen Geschichte auch die Fähigkeit der Autorin, in dieser für das Unternehmen so schwierigen Zeit den Protagonisten nahezukommen, ohne die journalistische Distanz zu verlieren. Alles andere als eine leichte Übung.
Katja Michel erhält für ihren Beitrag „Die Reifeprüfung“ den Herbert Quandt Medien-Preis und ein Preisgeld von 15.000 Euro.
Herzlichen Glückwunsch!
- Katja Michel
Liebe Familie Quandt,
liebes Kuratorium,
sehr geehrte Damen und Herren,
ich freue mich sehr, heute Abend hier zu sein und ausgezeichnet zu werden.
Es ist ja ein sehr renommierter und auch besonders großzügiger Preis, dafür möchte ich mich bei der Familie Quandt und bei der Stiftung ganz herzlich bedanken.
Wir haben ja jetzt schon sehr viel gesehen und gehört über meinen Text, wie die Geschichte entstanden ist – vielen Dank auch für den ganz tollen Film und die Laudatio –, und deswegen will ich dazu inhaltlich eigentlich gar nicht mehr so viel sagen.
Ich möchte aber gerne erklären, wieso ich mich über den Preis ganz besonders freue, und mich außerdem bei einigen Menschen bedanken.
Ich bin seit ein paar Jahren freie Journalistin und wie wohl die meisten meiner Kollegen habe ich ehrlich gesagt immer wieder mal Momente, in denen ich mich frage, ob sich der Kampf als Selbständige auf diesem doch recht schwierigen Markt eigentlich lohnt. Ich komme dann sowieso immer zu dem Ergebnis, dass er sich natürlich lohnt: Weil es erstens ein sehr, sehr wichtiger Beruf ist, und zweitens für mich der schönste Beruf der Welt. Und zwar weil ich bei jeder Geschichte, die ich recherchiere, neue Menschen, Welten und Perspektiven kennen lerne. Das ist etwas, das ich auf gar keinen Fall missen möchte und das mich antreibt.
Aber natürlich freue ich mich zusätzlich sehr über so eine großartige Anerkennung für meine Arbeit. Für mich ist der Preis also eine sehr wertvolle Motivation.
Ich freue mich außerdem riesig, dass gerade dieser Text von mir ausgezeichnet wird. Also eine Geschichte, das haben wir schon gehört, bei der es nicht nur um Erfolge geht. Sondern ein Text, oder eine Geschichte, in der Menschen sich auch trauen, Fehler zuzugeben und vermeintliche Schwäche einzugestehen.
Wir reden ja immer davon, dass wir in Deutschland eine neue Fehlerkultur brauchen. Ich denke, Jimdo ist da mit sehr gutem Beispiel vorangegangen.
Und damit bin ich dann auch schon bei meinen Dankesworten angekommen: Mein ganz großer Dank gilt natürlich Matthias Henze, dem Jimdo-Geschäftsführer. Er hat mir in einer für das Unternehmen und natürlich auch für ihn persönlich sehr, sehr schwierigen Situation extrem viel Vertrauen entgegengebracht. Und, ja, das kann man nicht oft genug sagen, das ist wirklich alles andere als selbstverständlich. Und ohne seine Offenheit wäre diese Geschichte natürlich nie entstanden. Er wäre heute Abend übrigens auch sehr gerne dabei, aber vor wenigen Tagen ist sein zweites Kind geboren und er hat also einen sehr schönen Grund, um nicht hier zu sein.
Dafür ist Nikolaus Förster da, der lange Chefredakteur von Impulse war, jetzt Herausgeber ist – bei ihm möchte ich mich auch bedanken. Er hat mich als Wirtschaftsredakteurin eingestellt, als ich von Wirtschaft eigentlich noch überhaupt gar keine Ahnung hatte, und mir sehr viel zugetraut, von Anfang an.
Danke außerdem natürlich auch an meine Familie für die große und liebevolle Unterstützung, die sie mir wirklich immer geben, und zwar auch in den Phasen des Zweifelns, von denen ich zu Beginn gesprochen habe. Sie freuen sich alle sehr mit mir und mein Mann und meine Mutter sind heute Abend auch hier, um mit mir zu feiern. Das freut mich sehr.
Vielen Dank!
- Jan-Eric Peters, Lorenz Wagner, Dr. Till Krause, Stefan Quandt
Dr. Till Krause und Lorenz Wagner werden für ihre Reportage „Im Einflussgebiet“, erschienen am 27.10.2017 im Süddeutsche Zeitung Magazin, ausgezeichnet und mit einem Preisgeld in Höhe von 15.000 € geehrt. Till Krause und Lorenz Wagner gelingt es, ihren Lesern die Welt der Influencer zu eröffnen und nahezubringen. Die Autoren decken auf, dass das Geschäftsmodell der Influencer, das mit der Glaubwürdigkeit seiner Blogger überzeugen will, von den bei den Nutzern hervorgerufenen Illusionen und den Werbeetats der Wirtschaft lebt. Das Kuratorium würdigt zudem das besondere Zusammenspiel des Autorenduos, dessen Reportage mit vielfältigen journalistischen Mitteln und wechselnden Perspektiven Spannung erzeugt und den Text dabei doch wie „aus einem Guss“ wirken lässt.
- Laudator Jan-Eric Peters
"Detox, Duschgel und Luhmann"
Wenn unsere beiden Preisträger von dem leben müssten, was sie so lesenswert in ihrer Geschichte beschreiben, dann kämen sie nicht weit. Dr. Till Krause, in den sozialen Netzwerken als Krill Tause unterwegs, bringt es bei Twitter nach acht Jahren auf 4 Tweets und 5 Follower. Bei Lorenz Wagner sind es bei Instagram immerhin 265 Abonnenten – doch auch das würde für keine warme Mahlzeit reichen.
Die Geschichte aber, die den beiden Reportern 15.000 Euro Preisgeld bringt, ist jeden Cent wert. Sie ist so bunt wie die Welt der Influencer mit ihren vielen Millionen Fans, spannt den Bogen weit von einem Selfie bei der Oscar-Verleihung über Detox und Duschgel, Pferdebildchen und Bodybuilder bis zur Gesellschaftstheorie von Niklas Luhmann.
Den Autoren gelingt es, so das Urteil der Jury, den Lesern diesen neuen verrückten und vielschichtigen Wirtschaftszweig mit seinen Milliardenumsätzen unterhaltsam und umfassend nahezubringen. Sie decken dabei Absatz für Absatz auf, dass das Geschäftsmodell der Influencer, die mit ihrer Glaubwürdigkeit überzeugen wollen, vor allem von Illusionen und den Werbeetats großer Konzerne lebt.
Das Kuratorium würdigt zudem das besondere Zusammenspiel des Autorenduos, dessen Reportage mit wechselnden Perspektiven Spannung erzeugt und den Text dabei doch wie aus einem Guss wirken lässt.
Dr. Till Krause und Lorenz Wagner, der hier vor 15 Jahren schon einmal ausgezeichnet wurde, erhalten für ihre Reportage den Herbert-Quandt-Preis 2018.
Herzlichen Glückwunsch!
- Dr. Till Krause, Lorenz Wagner
Dr. Till Krause:
Zunächst natürlich auch von uns ganz herzlichen Dank für diesen Preis, es ist eine große Ehre, heute hier sein zu dürfen und für diese Arbeit ausgezeichnet zu werden. Ja, eine Frage, die am Anfang unseres Textes stand, war tatsächlich: Was bewegt so viele Millionen Menschen, Vertrauen zu Leuten zu entwickeln, die sie gar nicht kennen, die im Internet Einblick in ein Leben geben, was vermeintlich authentisch daherkommt, aber in seiner ganzen Konstruiertheit doch fast schon paradox wirkt. Sie haben ja einige Ausschnitte gesehen, die Bilder sprachen wahrscheinlich für sich.Es gibt in der Kulturwissenschaft ein Prinzip, das sich „parasoziale Interaktion“ nennt. Klingt sehr theoretisch, beschreibt aber etwas, was uns vermutlich alle betrifft, und zwar ist es eine Art Kommunikation mit Menschen, die wir zu kennen glauben, die aber doch im Wesentlichen mediale Konstruktionen sind. Man erlebt es beispielsweise, wenn Darsteller berühmter Seifenopern unsympathische Rollen spielen und dann in der U-Bahn dafür angepöbelt werden – obwohl sie ja letztlich nur Schauspielerinnen oder Schauspieler sind.Warum erzähle ich Ihnen das? Ich glaube, dass das, was die Menschen suchen in diesen Influencerinnen und Influencern, ein sehr menschliches Bedürfnis ist, nämlich das Bedürfnis nach Vertrauen und nach Nähe. Und ich glaube, wir als Journalistinnen und Journalisten müssen uns mit diesem Thema auch auseinandersetzen, dass wir in Dialog treten, vielleicht aus unseren eigenen Komfortzonen herauskommen, nicht nur über unsere eigene Blase, sei es jetzt München-Schwabing, Berlin-Kreuzberg oder all diese viel gescholtenen Viertel, in denen Journalistinnen und Journalisten eben häufig wohnen, dass wir dort herauskommen und mit den Leserinnen und Lesern wieder in einen Kontakt treten. Dafür sind – wie Sie, Herr Peters, ja richtig gesagt haben – die Zeiten besser denn je: durch soziale Medien, durch Veranstaltungen wie beispielsweise die Süddeutsche Zeitung, unser Arbeitgeber, die regelmäßig in Schulen geht, um dort mit SchülerInnen in Kontakt zu kommen, zu erklären, was Journalismus bedeutet, warum es wichtig ist, in einer lebendigen Demokratie als Journalisten zu arbeiten.Und auch da muss ich Sie leider verbessern, Herr Peters: Ich bin in den sozialen Medien natürlich mit meinem echten Namen unterwegs und bei Twitter habe ich zwei Profile kreiert, „Tause“ ist mein Rechercheprofil, mit dem ich Leute nur stalke, mit denen ich nicht in Kontakt treten will, sondern nur recherchiere. Ich bin bei Twitter natürlich auch bei meinem echten Namen Till Krause unterwegs, hab dort um die 2000 Follower und ... was nicht so viel ist, wie manch Influencer, aber das sei doch für das fürs Protokoll richtiggestellt. Auch das tue ich deswegen, weil das eine gute Möglichkeit ist, mit dem Publikum in Kontakt zu treten.
Menschen, die sich bei mir melden, die mit mir interagieren wollen, da ist Twitter ein sehr niedrigschwelliges Angebot. Und ich glaube, das ist eine sehr wichtige Tugend von Journalisten, dass wir mit dem Publikum in Dialog treten und diesen Faden nie abreißen lassen, weil dass die Nähe nach Kommunikation anders befriedigt werden kann als durch uns, das zeigen die Influencer, die das häufig mit sehr, ja, sag ich mal, zweifelhaften Methoden tun.In diesem Sinne dank ich Ihnen ganz herzlich und wünsche noch einen schönen Abend.
Lorenz Wagner:
Auch ich möchte mich ganz herzlich bedanken. Wie Herr Peters schon sagte, stand ich vor 15 Jahren schon mal hier. Zusammen mit einem jungen Kollegen. Das war ein wichtiger Moment für mich und hat mich damals in der Redaktion sehr gestärkt ... es war einfach bedeutsam für mein Leben. Von dieser Preisverleihung damals ist mir ein Satz, wirklich genau einer, in Erinnerung, und der lautete: „Frau Quandt erwartet Sie im Rosenzimmer.“ Ich war wahnsinnig nervös und es sind ja die Angstmomente, die einem so in Erinnerung bleiben, und ich bin da halt so hingegangen und dann saß mir eine Frau gegenüber, die mir diese Angst genommen hat. Sie war wahnsinnig freundlich – und sie kannte meinen Text. Und ich fühlte mich wertgeschätzt. Also ich saß Johanna Quandt dann gegenüber und es war ein sehr schöner Moment, und der ist auch sehr hängengeblieben. Und später sagte mir dann Dr. Appelhans – man begegnet sich ja so manchmal - Frau Quandt lässt sich von unseren Preisträgern immer die Artikel ausschneiden und vorlegen, also sie verfolgt sie weiter.Und ich hab dann so manchmal daran gedacht, wenn ich dann irgend einen Mist geschrieben habe oder etwas Gutes, dachte ich: Ah, das liest jetzt Johanna Quandt, und eigentlich war es die einzige Leserin, die ich kannte.
Damals war ich noch bei der Financial Times Deutschland, die meine Mutter nicht las.Ich war aber auch heilfroh, dass ich nie, nie ein Wort über BMW geschrieben hab. Es gab aber dann doch 2008/2009 auch eine wichtige Zeit in meinem Berufsleben, als ich über Susanne Klatten geschrieben habe. Wir haben uns über ein Jahr immer wieder getroffen und das war eine zweite wichtige Zeit und eine wichtige Begegnung mit dieser Familie für mich, die mir sehr in Erinnerung geblieben ist und die für mein Berufsleben auch eine große Rolle gespielt hat – weil sie mich nicht nur in der Redaktion gestärkt hat, sondern auch draußen. Die Financial Times Deutschland war nicht so groß, dass sie jeder gelesen hat, aber diese Geschichte haben viele gelesen und hat, glaube ich, dazu beigetragen, dass ich heute bei der Süddeutschen Zeitung bin, dass ich, als die Financial Times Deutschland geschlossen werden musste, die Möglichkeit hatte, einen Beruf oder eine feste Stelle woanders zu finden.
Und deswegen stehe ich heute hier, sehr bewegt und auch sehr dankbar. Und das Einzige, was ein bisschen traurig ist, dass ich heute leider nicht Johanna Quandt im Rosenzimmer treffen kann. Aber so in Gedanken bin ich bei ihr und froh, von der Johanna-Quandt-Stiftung ausgezeichnet zu werden.
- Jan-Eric Peters, Franziska Wielandt, Norman Laryea, Stefan Quandt
Norman Laryea und Franziska Wielandt erhalten in diesem Jahr für ihren im ZDF in der Sendung ZDFzoom am 24. 01.2018 ausgestrahlten Beitrag „Der wahre Preis für den perfekten Apfel“ ein Preisgeld in Höhe von 10.000 €. In ihrem Film gehen die beiden TV-Autoren der Frage nach, wie ein Naturprodukt zunehmend zu einer Designer-Ware entwickelt wird. Die wirtschaftlichen Folgen dieser Entwicklung für die einheimischen Produzenten werden ebenso thematisiert wie die Auswirkungen auf die Apfelproduktion weltweit. Dabei gelingt es den Autoren, ein stimmiges und facettenreiches Gesamtbild des überraschenden Wandels zu zeichnen, der sich derzeit auf dem Markt für klassische Agrarprodukte vollzieht.
In der ZDF-Mediathek können Sie den Film bis 02.10.2021 ansehen.
- Laudator Jan-Eric Peters
"Wirtschaft bestens erklärt"
„Was soll man 30 Minuten über Äpfel machen, das ist ja relativ banal?“, fragen unsere Preisträger, um dann festzustellen, dass man sehr viel über Äpfel als Wirtschaftsgut herausfinden kann. Und das haben Norman Laryea und Franziska Wielandt in ihrem Beitrag getan. Sie gehen der Frage nach, wie und warum ein Naturprodukt zur Designerware wird und nehmen den Zuschauer für eine halbe Stunde mit auf ihre Reise durch Supermärkte und Apfelplantagen, Obstmessen und Forschungslabore.
Umso tiefer die Reporter in die Materie eintauchen, desto mehr lernen wir Zuschauer, wie das Geschäft mit den Äpfeln funktioniert. Und staunen. Über millionenschwere Werbekampagnen für makellose Äpfel wie die Pink Lady zum Beispiel, die nur von einem exklusiven Club von Produzenten angebaut und verkauft werden darf. Oder über Äpfel so klein wie Tischtennisbälle, die in Plastikröhren verpackt der neue Snack für zwischendurch werden sollen.
Dabei gelingt es den Autoren, so das Urteil der Jury, ein stimmiges und facettenreiches Bild des Wandels zu zeichnen, der sich gerade auf dem Markt für klassische Agrarprodukte vollzieht. Die wirtschaftlichen Folgen dieser Entwicklung für die heimischen Obstbauern und die Verbraucher werden ebenso thematisiert wie die Auswirkungen auf die Apfelproduktion weltweit.
Hier wird Wirtschaft bestens erklärt. Unterhaltsam, verständlich und nicht von oben herab. Das ist uns einen Herbert-Quandt-Medienpreis und 10.000 Euro Preisgeld wert!
Herzlichen Glückwunsch,
Norman Laryea und Franziska Wielandt!
- Norman Laryea, Franziska Wielandt
Erst mal vielen Dank für den tollen Film, es war schön anzuschauen und auch einmal sehr angenehm, nicht selbst hinter der Kamera zu stehen, sondern sich einfach ganz entspannt treiben zu lassen. Und wenn so etwas dabei rauskommt, dann kann man sich, glaube ich, freuen.
Liebe Familie Quandt,
liebe Jury, liebe Kollegen, Freunde und Familie,
wir freuen uns sehr über diese Auszeichnung und möchten uns ganz herzlich dafür bedanken.Ich muss ganz ehrlich zugeben, als uns Herr Dr. Appelhans von der Stiftung angerufen hat und sagte, unser Apfelfilm hätte einen Preis gewonnen, da waren wir erst mal ein bisschen skeptisch, ob das so alles mit rechten Dingen zugeht. Aber danach haben wir uns natürlich sehr, sehr gefreut.
Am Anfang unserer Recherche für diesen Film haben wir uns gefragt: „Was kann man aus dem Thema eigentlich machen?“ – Natürlich haben wir uns einerseits auf klassische Verbraucheraspekte konzentriert, also auf Dinge „Wie schmecken Äpfel?“ „Was gibt es überhaupt für eine Sortenvielfalt?“ et cetera pp.Viel spannender war für uns aber eigentlich die Frage, welche Akteure überhaupt auf diesem Markt agieren, welche Strategien gefahren werden und welche Spielregeln für diese Branche gelten.Und wir haben dann ziemlich schnell gemerkt, dass es reicht, ganz simple Fragen zu stellen, die man sich normalerweise im Supermarkt so nicht stellt, etwa: „Warum findet man immer die gleichen Sorten?“ und: „Wie viele Sorten gibt es überhaupt?“ und: „Wieso braucht man eigentlich für so ein simples Produkt wie einen Apfel Marketing – und wie funktioniert das?“
Aus diesen simplen Fragen wurde eine Geschichte mit ganz vielen Facetten: Hinter dem Apfelregal steckt ein internationaler Markt, ein Kampf um die Präsenz im Supermarkt und, ja, auch eine Suche nach dem perfekten Apfel für die Zukunft.Die Reaktion auf diesen Film und auf diese Auszeichnung bestärken uns darin, auch weiterhin einfache und vielleicht auch manchmal banale Fragen zu stellen und auch Dinge zu hinterfragen, die vielleicht für uns total normal und zur Gewohnheit geworden sind.
Da an dieser Produktion natürlich nicht nur wir beide beteiligt waren, sondern eine ganze Reihe von Leuten, möchten wir auch noch mal Danke sagen.Der erste Dank geht an die Redaktionsleiterin von M.E.works, Daniela Fonrobert, und den Geschäftsführer Matthias Ebel: Danke, dass ihr euch für so viele Themen begeistern lasst! Wenn ihr nicht Ja gesagt hättet, als ich damals total aufgeregt wedelnd mit dieser Pink-Lady-Werbung in eurem Büro stand, dann hätte es diesen Film vielleicht nie gegeben. Deshalb vielen Dank für eure Unterstützung, dass ihr unsere Witze über Äpfel ertragen habt und, ja, dass wir den Keller wochenlang mit Äpfeln belagern durften.
Vielen Dank an unsere betreuende Redakteurin von ZDFzoom, Annette Uhlenhut, und die stellvertretende Redaktionsleiterin Beate Höbermann. Ihr wart von Anfang an Feuer und Flamme für das Thema und ihr habt uns immer toll unterstützt, auch in holprigen Phasen. Danke für die tolle Zusammenarbeit!Ein großer Dank geht auch an unseren Cutter Tim Sommer, der aus den vielen, vielen Stunden Material das Beste rausgeholt hat und, ja, einen schönen Film gezaubert hat. Vielen Dank!
- Jan-Eric Peters, Andreas Pichler, Stefan Quandt
Andreas Pichler wird für seine Dokumentation „Das System Milch“, die am 20.11.2017 auf ARTE ausgestrahlt wurde, mit einem Preisgeld von 10.000 € ausgezeichnet. Pichler erforscht und beschreibt in seiner Dokumentation die industriellen Strukturen der Milchwirtschaft. Dabei blickt er weit über den nationalen Tellerrand: Milch ist heute nicht mehr nur ein Agrarprodukt, sondern ein weltweit gefragter Rohstoff. Die komplexe Problematik und Kehrseite dieser Entwicklung beleuchtet Pichler, indem er authentische Protagonisten zu Wort kommen lässt und seine aufwändige Recherche mit eindrucksvollen Bildern und in klaren Texten veranschaulicht.
- Laudator Jan-Eric Peters
"Wachrütteln"
„Als ich in meiner Kindheit bei den Bauern in den Bergen die Kühe hütete, habe ich mich nie gefragt, warum Kühe überhaupt Milch geben“, so beginnt Andreas Pichler seinen 90-minütigen Film.
Als Zuschauer fühlt man sich an dieser Stelle fast erwischt, denn hat man sich selbst eigentlich schon einmal bewusstgemacht, dass unsere Milch im Kühlschrank von Kühen kommt, die praktisch ihr ganzes Leben schwanger sind?
Andreas Pichler sagt, er wolle „wachrütteln“ und „die industrielle Perversität des Systems“ zeigen. Seine Dokumentation aber tut das unaufgeregt und ruhig,
keineswegs agitatorisch oder gar propagandistisch; die eindrucksvollen Bilder des Films wirken fast schon meditativ.
Die Recherche des Autors ist aufwändig und gründlich, urteilt die Jury, er erforscht das Thema geradezu und beleuchtet es von allen Seiten. Dazu lässt er immer wieder auch sehr authentische Protagonisten aus ganz gegensätzlichen Ecken zu Worte kommen. Das Urteil aber überlässt er dem Zuschauer, der viel über den komplexen und kaputten Markt der Milch und dessen Probleme lernt.
Wir zeichnen Andreas Pichler für seinen Film mit dem Herbert-Quandt-Medienpreis und einem Preisgeld von 10.000 Euro aus.
Herzlichen Glückwunsch!
- Andreas Pichler
Vielen, vielen Dank, liebe Familie Quandt, sehr geehrtes Gremium.
Ich hab die besondere Ehre, hier schon zum zweiten Mal zu stehen. Vor fünf Jahren mit einem völlig anderen Film… ich hätte das wirklich nie gedacht, als ich vor ungefähr zwanzig Jahren begonnen habe, Filme zu machen – von den Geisteswissenschaften kommend, an Wirtschaft praktisch völlig desinteressiert. Ich glaube, es ist wichtig, sich bewusst zu werden, wie, ja in gewisser Weise „zentral“ die Frage des Wirtschaftens und auch eine öffentliche Diskussion darüber, wie wir wirtschaften, stehen kann oder stehen soll. Ich denke, gerade in der Landwirtschaft und in der Milchwirtschaft zeigt sich, dass Rationalisierung und Intensivierung nicht bis ins Unendliche fortgetrieben werden kann. Tiere, Umwelt, Menschen und vor allem die gesellschaftliche Diskussion darüber, „Wie wollen wir unsere Zukunft gestalten?“ spielen hier noch eine große Rolle.
Die Wirtschaft ist der Motor unserer Gesellschaft ... und ich glaube, sie kann auf Dauer, und das zeigt uns vielleicht die Landwirtschaft ganz besonders, wirklich nur in gewisser Weise nachhaltig, inklusiv und in gewisser Weise auch das Gemeinwohl beachtend betrieben werden.Und ich möchte an dieser Stelle noch kurz jemandem danken, Christian von Behr von arte/RBB, ohne den dieser Film nie zustande gekommen wäre. arte/RBB waren die Ersten, die diesen Film mitfinanzierten – sie waren nicht die Einzigen, natürlich gab es noch viele andere – aber arte/ RBB ist ein ganz wichtiger Sender, der wichtige und heikle Themen aufgreift, und das auch hoffentlich weiterhin so macht.
Vielen Dank!